24.07.2015
Kathmandu/Wien, 25. Juli 2015 – In einer der größten jemals durchgeführten Befragungen von Kindern nach einer Katastrophe, haben fast 2.000 Kinder, die die Erdbeben in Nepal überlebt haben, ihre Ängste und Unsicherheiten geäußert. Sie leben in Zelten und überfüllten Unterkünften, haben wegen der unhygienischen Bedingungen Angst um ihre Gesundheit und sorgen sich um ihre Zukunft, wenn sie nicht weiter zur Schule gehen können.
World Vision hat gemeinsam mit Plan International, Save the Children und UNICEF diese Befragung durchgeführt. Die Hilfsorganisationen warnen vor den ernsten Gefahren für die Gesundheit, das Wohlbefinden und den Schutz der Kinder während der Monsunsaison in den nächsten Monaten, falls nicht dringend notwendige Hilfsleistungen erfolgen.
Der heute veröffentlichte Abschlussbericht beinhaltet die Ergebnisse der Befragungen von Mai und Juni. Adäquate Unterkunft, Rückkehr in die Schule und Zugang zu sauberem Wasser, Sanitärhygiene sowie Gesundheitsversorgung stellen für die Kinder oberste Prioritäten dar.
Der Bericht „
AFTER THE EARTHQUAKE: NEPAL’S CHILDREN SPEAK OUT“ zeigt die tiefgreifenden Ängste und Sorgen der Kinder, die wie viele Hunderttausende ihr Heim verloren haben. Mädchen und Buben beschreiben die Schwierigkeiten eines Lebens in Notunterkünften, die weder wasser- noch winddicht waren, in der Zeit nach dem Erdbeben.
„Unsere Unterkunft kann leicht von Stürmen zerstört werden. Wir waren gezwungen, die ganze Nacht wach zu bleiben und die Planen zu halten, damit sie nicht verweht wurden“, sagt ein kleiner Junge in Nuwakot, einer der 14 vom Erdbeben am stärksten betroffenen Regionen, in denen Kinder befragt wurden.
Gefahr von Kindesmissbrauch steigtKinder äußerten sich besorgt über den Mangel an Platz und Privatsphäre. Manche der jüngeren Kinder haben auch Angst vor den Angriffen wilder Tiere. Vor allem Mädchen fühlen sich in Unterkünften zusammen mit Großfamilien und Nachbarn nicht sicher. Einige berichteten von sexuellen Übergriffen, andere befürchten eine Zunahme des Menschenhandels. „Durch das Leben unter freiem Himmel sind wir vermehrt Missbrauch ausgesetzt“, sagt eine Jugendliche aus Sindhupalchowk, dem Bezirk, der am schlimmsten von den Erdbeben betroffen war.
World Vision Nepal Earthquake Operations Manager Admir Bajrami sagt: „Der Monsun wird stärker werden. Wir müssen schnell und effektiv handeln, um das Überleben der vom Erdbeben betroffenen Kinder und ihren Familien zu gewährleisten. Kinder haben traumatische Erfahrungen gemacht, unter anderem mussten sie ihre Schulausbildungen unterbrechen. Sie benötigen dringend psychosoziale Unterstützung, um diese Erlebnisse verarbeiten zu können."
Kinder, die an der Befragung teilgenommen haben, lieferten detaillierte und umsetzbare Ideen, wie man ihr Leben und ihre Gemeinden wieder aufbauen könnte. Oft wurde die Notwendigkeit von erdbebensicheren Häusern, Schulen und anderen Gebäude genannt. Auch möchten die Kinder auf kommende Naturkatastrophen besser vorbereitet werden. „Ich möchte, dass erdbebensichere Häuser in flachen Gegenden gebaut werden und Bäume gepflanzt werden“, sagt ein Teenager aus Sindhupalchowk.
Die befragten Kinder schlugen außerdem vor, dass der Schulbetrieb großflächig in Zelten oder anderen Notunterkünften weitergeführt werden soll, bis neue Schulen gebaut werden. Sie fordern die Regierung auf, Bücher, Schreibwaren und andere Schulmaterialien, die unter den Trümmern ihrer Häuser begraben wurden, zu ersetzen. Darüber hinaus fordern sie einen verstärkten Schutz für sich und andere Kinder in ihren Gemeinden.
Trotz der großen Herausforderungen, mit denen die Überlebenden des Erdbebens konfrontiert sind, berichten Kinder auch davon, dass sich Gemeinden gegenseitig helfen. Sie zeigten bemerkenswert viel Optimismus, dass sich ihr Leben wieder normalisieren bzw. durch die Bemühungen der Gemeinden und der notwendigen Unterstützung sogar verbessern wird.
World Vision hat in den ersten drei Monaten nach dem Erdbeben am 25. April mit Hilfsmaßnahmen bereits mehr als 132.000 Menschen erreicht. Unter anderem wurden 35 Kinderschutzzentren und 25 sogenannte „Temporary Learning Center“ errichtet, in denen sich Kinder sicher fühlen und sich von den traumatischen Erlebnissen erholen können bzw. wo der Schulunterricht temporär wieder aufgenommen werden kann.