Wien/Goma, 05.02.2025 – Nach dem Ende der Kämpfe um die Millionenstadt Goma im Osten der DR Kongo haben zehntausende Flüchtlinge ihre Lager verlassen. Das berichten Mitarbeitende der Kinderhilfsorganisation World Vision, die jetzt erstmals wieder die Stadt betreten konnten. Bedingt durch die Unterbrechung der Hilfslieferungen aufgrund der Kämpfe sind viele Menschen auf der verzweifelten Suche nach Nahrung und Trinkwasser.
Dem Team von David Munkley, dem World Vision-Einsatzchef für die Region Ostkongo, bietet sich ein gespenstisches Bild: Wo vor wenigen Tagen noch über 100.000 Geflüchtete in provisorischen Hütten gelebt haben, ist es jetzt menschenleer. Im Lager Kanyaruchinya liegen nur noch Reste der aus Ästen und Plastikfolien erbauten Zelte, Feuerstellen sind von Asche bedeckt, Gesteinsbrocken liegen herum.
„Da die Geflüchteten jetzt versprengt in der Stadt unterwegs oder in die Kivu-Region nördlich von Goma zurückgekehrt sind, ist es schwieriger geworden, sie mit Hilfsgütern zu erreichen“, erklärt Munkley. Und weiter: „Jetzt müssen wir herausfinden, wo sie sich aufhalten und sicherstellen, dass wir sie baldmöglichst wieder mit dem Nötigsten versorgen können. Viele Häuser sind zerstört, Krankenhäuser überlastet und die Märkte bieten kaum Lebensmittel.“
Besonders dringend benötigen Kinder und stillende Frauen Hilfe. Zum Teil kampieren sie an Straßenrändern und sind Überfällen schutzlos ausgeliefert. Vor allem in den Außenbezirken Gomas ist die Lage noch sehr angespannt. Immer wieder kommt es zu Schießereien.
Ende Jänner hatte die Rebellenmiliz M23 die ostkongolesische Metropole Goma nach heftigen Gefechten eingenommen. Dabei starben mehrere hundert Menschen. Die Kämpfe hatten World Vision wie auch andere Hilfsorganisationen dazu gezwungen, ihre Hilfsmaßnahmen vorübergehend einzustellen und einige Mitarbeitende in Sicherheit zu bringen. World Vision wird die Hilfsaktivitäten bald wieder aufnehmen. Entsprechend ausgebildete Teams sind bereits wieder in der Stadt. Die Kinderhilfsorganisation rechnet damit, dass auch die Rückkehr zehntausender Binnenflüchtlinge in verlassene Orte in Nord-Kivu zu einer noch stärker angespannten Versorgungslage führen wird. Es werde vielen Familien schwer fallen sich zu ernähren, weil die Felder nicht bestellt werden konnten. Die Gesundheit von Kindern sei durch Wassermangel, mangelnde Hygiene und fehlenden Schutz gefährdet. „Um in dieser Notlage effektiv helfen zu können, müssen wir dringend neue Hilfsgüter beschaffen, teilweise auch aus Nachbarländern”, sagt David Munkley.
Eine weitere Zuspitzung der humanitären Krise ist laut David Munkley durchaus denkbar. „Wenn die Kämpfe trotz des jetzt angekündigten Waffenstillstandes weitergehen oder sich nach Süden in Richtung Bukavu verlagern, könnte eine ganz neue Stadt bedroht sein, was Massenevakuierungen und die Vertreibung von hunderttausenden von Menschen zur Folge haben könnte. Leider ist die humanitäre Gemeinschaft möglicherweise nicht in der Lage, einen derart hohen Bedarf zu decken.”