09.12.2022 |
Wien, 10.12.2022 – Ein neuer Report der internationalen Hilfsorganisation World Vision stellt fest, dass vor allem Frauen, die mit ihren Kindern auf der Flucht sind, mit den schwierigen Bedingungen im Winter zu kämpfen haben. Das zeigt sich nicht nur in der Ukraine, sondern vor allem auch in den schon lange bestehenden Krisenherden in Syrien und Afghanistan. Viele geflüchtete Frauen und Kinder leben dort in Camps und haben keine Möglichkeit, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Es fehlt daher an Heizmaterial. Deshalb greifen sie bei Minusgraden auch auf gefährliche Heizmethoden zurück.
Die zusätzlichen Kosten im Winter für Unterkunft und Ausstattung sind vor allem für Frauen, die alleingestellt mit ihren Kindern geflüchtet sind, nur schwer zu bewältigen. Oft sind es kulturelle oder soziale Normen, die es ihnen unmöglich machen, eigenes Geld zu verdienen. „Frauen, die allein mit ihren Kindern in Flüchtlingscamps leben, haben gleich zwei Herausforderungen zu meistern: Sie müssen die Hausarbeit und Kinderbetreuung leisten und gleichzeitig die Familie versorgen. In vielen Camps gibt es aber keinen Arbeitsmarkt, der Frauen einen eigenen Verdienst überhaupt möglich machen würde“, erklärt Eleanor Monbiot, die Leiterin des Regionalbüros für Osteuropa und dem Nahen Osten von World Vision.
Diese Frauen würden dann ihre Essensration kürzen, müssen Schulden machen, schicken ihre Kinder zur Arbeit oder sind sogar gezwungen, ihre Mädchen als Kind schon zu verheiraten. Wenn die Temperaturen lebensbedrohlich niedrig sind, ist die Gesundheit der Geflüchteten bedroht. „Die Familien in der Ukraine erleben ihren ersten Kriegswinter in eisiger Kälte, für die Geflüchteten in Syrien und Afghanistan gilt es ein weiteres Mal, bei Minusgraden zu überleben. Sie können sich kein Brennholz, keinen Strom, kein Gas oder Öl für die Heizung leisten“, erklärt Monbiot. „Sie greifen dann zu gefährlichem Heizmaterial und verbrennen etwa Plastiksäcke oder alte Kleider, um wenigsten ein bisschen Wärme zu erzeugen. Das wirkt sich auf die Gesundheit und die Umwelt negativ aus und die Gefahr von Bränden in den Camps steigt damit zusätzlich.“
Der Report stellt darüber hinaus fest, dass gerade auch für Frauen mit Kindern auf der Flucht im Winter der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen erschwert ist. Die Distanzen, eingeschränkte Transportmöglichkeiten und Überschwemmungen behindern den Weg zu Gesundheitszentren. Wenn sie erreichbar sind, fehlt es oft an Medikamenten oder die Versorgung ist für viele überhaupt zu kostspielig. Niedrige Temperaturen, inadäquate Unterbringung und die Sorge um die Kinder, die nicht genug zu essen haben und frieren, bringt die Frauen dann in eine verzweifelte Situation. Ihre mentale Gesundheit und der Stress führen auch zu problematischem Verhalten gegenüber den eigenen Kindern.
World Vision empfiehlt im Bericht daher, ein besonderes Augenmerk auf Frauen zu legen, die mit ihren Kindern allein flüchten mussten. Gerade im Winter sollten an sie finanzielle Hilfen ausbezahlt werden, damit sie in der Lage sind, ihre Familie zu versorgen. Zusätzlich müssten sie für den Winter gut ausgerüstet werden – mit warmer Kleidung, mit Öfen oder Heizmaterial. Vor allem aber brauchen die Frauen einen einfachen Zugang zu Gesundheitsbetreuung, die auch psychologische Unterstützung anbietet, weil sie im Winter an vielen Fronten gleichzeitig gefordert sind.
„Wir dürfen die Frauen auf der Flucht nicht vergessen, ihre Sorgen und Nöte sind nicht vorbei, nur weil die Krisen nicht mehr in den Schlagzeilen sind“, appelliert Monbiot an die internationale Gemeinschaft, die Hilfsmittel bereit zu stellen. „Diese Frauen haben unvorstellbare Traumatisierungen erlitten, sie brauchen und verdienen unsere Hilfe - jetzt und in Zukunft.“
Hier finden Sie den Report zum Download:
Out in the Cold | Fragile Contexts Fragile Childhoods | World Vision International (wvi.org)